Sinzig. Sprichwörtlich bei der „Hand genommen“ hat Angelika Schneider kürzlich die jüngste Klientel im Sinziger Schloss. Aber erst am Ende des Schnupperrundgangs, der die Jungs und Mädels ein wenig vertraut zu machen soll mit dem Kleinod, welches die vom Ehepaar Bunge erbaute neugotische Sommerresidenz darstellt, gelangen sie in den Keller. Das verheißt Spannung und damit jeder die dunklen Ecken nach Belieben ausleuchten kann, haben sie alle ihre Taschenlampen dabei. Wenn es nach den jungen Gästen ginge, würden sie wohl schnurstracks den Weg in Richtung Keller nehmen. Man erkennt es daran, dass viele immer wieder die Lichtfunktion ausprobieren.
An jedem ersten Samstag im Monat bietet der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums im Sinziger Schloss eine kostenlose Führung mit wechselnden Schwerpunkten an. Schneider, Beisitzer im Vorstand, ist gerne mit Kindern unterwegs. Zuerst steuert sie treppaufwärts zum Stadtmodell hin. „Wo sind wir gerade?“, fragt sie und die Finger der Besucher deuten auf den Vorgängerbau des Schlosses, zum Zeitstand des Modells noch eine Wasserburg mit vier Türmen. Sicherheitshalber richten einige Kinder ihre Leuchten drauf.
Bewohner in Öl
16 an der Zahl sind dem Angebot gefolgt, kleine Jungs, schulpflichtige Mädchen und angehende Teenager. Zurück zum Erdgeschoss nehmen etliche Teilnehmer flink die Stufen, andere trotten gemächlich hinterdrein. Angelika Schneider drängt niemanden zur Eile und befrachtet auch nicht mit zu vielen Infos. Im großen Kultursaal weist sie auf die Konterfeis in Öl der ehemaligen Schlossbewohner wie Gustav und Adele Bunge, Tochter Klara, Tochter Johanna mit Ehemann Ernst Koenigs und deren Tochter Adelheid. Und kurz erwähnt sie auch die Sage von der weißen Frau. Sie soll in der Nähe des alten Wasserschlosses gespukt haben, an dessen Stelle später die Bunges ihr nobles Domizil errichteten. Warum sie nach ihrem Tod keine Ruhe fand? Es heißt, weil die Schlossjungfrau zu Lebzeiten den feindlichen Franzosen den Torschlüssel zum Schloss gab, die es daraufhin zerstörten.
Sofas, Park und Krempel
Durch den kleinen Kultursaal zieht die Gruppe ins achteckige Turmzimmer, mit seinen Gemälden und in die Vertäfelung eingelassenen Sofas eine Preziose des Gebäudes. Was gehört zu einem repräsentativen Haus, wie dem Schloss? Gewiss kein Vorgärtchen, sondern ein Park. Vorne sprudelt Wasser inmitten von leuchtender Bepflanzung. Links taucht man in schattiges Grün. In diese Richtung geht es, um auf der Rückseite die Außenmauern des Kellers in Augenschein zu nehmen. Weil das Gelände nach hinten abfällt, müssen die Kinder, um den Keller zu erreichen, tatsächlich wieder eine Treppe hochsteigen. Den ersten langen Raum, wo das Heimatmuseum alte Fliesen der ansässigen Steinzeugindustrie lagert, dürfen sie selbst erkunden. Im Heizungskeller sehen sie die moderne Heizungsanlage, einen improvisierten Schreibtisch, an dem Hausmeister Werner Lücke manches festhielt und Allerweltskrempel. Aber, darauf richtet Schneider das Augenmerk, es gibt da auch noch eine Wand der alten Wasserburg.
Keine Badewanne
„Uhuhu, das ist aber wirklich dunkel“, gruselt sich ein Mädchen vor einem Schacht, den nur vereintes Licht spärlich erhellt. Richtig, das war die Rutsche, über die einst die Kohle in den Keller kam. Ansonsten gibt es viele ausrangierte Türen aus dem Schloss, gemauerte Regale, vielleicht für den Wein, auch eine Art Trog. „Sicher eine Badewanne“, mutmaßt ein Junge. Und dann steigt die Spannung noch einmal, als Angelika Schneider in einen Bereich führt, der womöglich einst einmal ein Gefängnis war. Zurück im hellen Sonnenschein warten schon die Eltern auf ihre Sprösslinge, neugierig darauf, was die zu berichten haben. Wenn die Auskünfte dürftig ausfallen, was bei Kindern nicht selten ist, sollte dies den Großen ein Anreiz sein, erneut das Schloss, den Park und das Heimatmuseum besuchen. Es hat bei freiem Eintritt donnerstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet sowie samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Unter www.museum-sinzig.de gibt es mehr Infos zum Museum und Denkmalverein.
Text und Fotos: Hildegard Ginzler
© Förderverein – September 2018
© Museum Sinzig 2024
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