Sinzig. Der Mensch gestaltet den Naturraum und schafft damit in Wechselwirkung mit der Natur die Kulturlandschaft, seit rund 7000 Jahren.
Woran man das am Beispiel der Eifel ablesen kann, welche Spuren es gibt und wie man sie findet, war der Inhalt des Vortrages von Dr. Peter Burggraaf vom Institut für Integrierte Naturwissenschaften im Fach Geographie der Universität Koblenz-Landau, den er im Rahmen der Turmgespräche im Schloss des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums hielt.
Vor einer sehr interessierten Zuhörerschaft im Kultursaal des Sinziger Schlosses gab er zunächst begriffliche Erläuterungen zur naturräumlichen Gliederung (Topographie), zur kulturlandschaftlichen Abgrenzung (bis wohin reicht die Eifel?) und zur kulturlandschaftliche Entwicklung (Flächenanteile von Wald, Feldern und Besiedlung und deren Veränderungen im Laufe der Zeit ).
Vielerlei Quellen geben dem Wissenschaftler von heute Auskunft über menschliche Eingriffe in die Natur. Erzählungen Einheimischer, das Brauchtum, heimatgeschichtliche Abhandlungen ohne wissenschaftlichen Anspruch, altes und aktuelles Kartenmaterial, Literatur und Luftbilder sind Bestandteile des Mosaiks, das zu einer historischen Kulturlandschaft wird. Was ist in diesem Sinn historisch? Ganz einfach: Alles, was heute nicht mehr gemacht wird.
Die spannende Spurensuche von Dr. Burggraaf begann bei einem frühen menschlichen Eingriff in die Eifellandschaft, nämlich bei einem Ringwall aus der Keltenzeit in Bungard bei Kelberg. Andere bauliche Spuren sind Hügelgräber, römische Straßen, Klosteranlagen oder Burgen. Aber nicht nur Bauten prägen die vom Menschen umgestaltete Kulturlandschaft. Es sind auch die Bodenbearbeitung, zum Beispiel die umfangreichen Rodungen im 18. Jahrhunderts, um die Öfen zur Eisengewinnung mit Holz zu befeuern ohne den Wald neu aufzuforsten. Oder es ist die Energiegewinnung durch Wasser, Wind und Torf, die Eingriffe in die Landschaft nach sich ziehen in Form von Mühlenbau, Wegführung und Abbau.
Die erwähnte radikale Rodung in der Eifel hatte gravierende Folgen. Sie führte zu einer Verschlechterung des Mikroklimas und zu Missernten und letztlich mit zur großen Auswanderungswelle nach Amerika, später in das neue Industrierevier an der Ruhr. Die Einführung der Dreifelderwirtschaft wiederum, bei der ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche brach liegt und ein Drittel für Sommer und ein Drittel für Winterfrucht verwendet wird, verbesserte die Situation.
Schließlich hat die Bevölkerungsentwicklung großen Einfluss auf die Kulturlandschaft. Als die Bauern dank verbesserter Methoden immer mehr Menschen in der Stadt ernähren konnten, wuchs die Bevölkerung bis 1350 an, die Zeit der Pest als Folge eines Klimawandels reduzierte sie sehr stark, ebenso der dreißigjährige Krieg, ehe die Kurve kurz danach – ab 1650- wieder und seitdem kontinuierlich nach oben zeigt.
Heute hat die Kulturlandschaft – das Gesicht der Landschaft – eine hohe Bedeutung für Heimatverbundenheit und Identität, ebenso für Erholung und Tourismus Auswärtiger. Dr. Burggraaf zum Abschluss: Das Erbe der Kulturlandschaft verdient wie jedes Erbe einen behutsame und rücksichtsvollen Umgang bei Raumordnung und Planung.
Dr. Günther Schell, Vorsitzender d es Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig, dankte dem Referenten für seinen umfassenden Vortrag und führte gerade aus dem Wirken des Vereins aktuelle Beispiele an, dieses Erbe behutsam zu verwalten: Die Beschilderung der Aachen-Frankfurter- Heerstraße, an der der Verein mitwirkt und die bevorstehenden Veröffentlichung des Buches Rheinische Wegkreuze durch den stellvertretenden Vorsitzenden Karl-Friedrich Amendt. Das Buch wird am 20. Mai im Schloss Sinzig vorgestellt. Außerdem lädt der Verein am 29. Mai zu einer Exkursion zum Naturdenkmal Bausenberg ein.
Text: Matthias Röcke
Fotos: Hildegard Ginzler
© Heimatmuseum Schloss Sinzig – 2010
© Museum Sinzig 2024
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