Das waren bedeutsame und ereignisreiche Tage für das HeimatMuseum Schloss Sinzig: Zum 70jährigen Bestehen präsentiert sich ein Drittel der Ausstellungsfläche ganz neu. Das Thema Archäologie aus Sinzig hat eine ganz andere Dimension als bisher erhalten. Ursache sind wertvolle Funde aus dem Stadtgebiet von Sinzig, die jetzt zur Verfügung stehen. Am Sonntag, 21. Mai, dem Internationalen Museumstag, war die Dauerausstellung erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet. Das Museum zeigt in der neuen Dauerausstellung herausragende Exponate zur Erdgeschichte, Steinzeit und der Bronze- sowie Eisenzeit. Vor allem aber sind spektakuläre und bisher unbekannte Funde aus der römischen Zeit und hier ganz besonders der Terra-Sigillata-Manufaktur von Sinzig präsentiert.
Die Waren der Sinziger Produktionsstätte waren im Norden des Römischen Imperiums weit verbreitet. Der Produktionsstandort Sinzig ist durch wissenschaftliche Publikationen international in Fachkreisen bekannt. Diesem Renommee wird das HeimatMuseum im Schloss Sinzig mit seiner neuen Ausstellung gerecht. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat die Schirmherrschaft über diese Ausstellung und das Jubiläum übernommen. Als Kooperationspartner konnten insbesondere Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) Koblenz, Landesarchäologie, die Liebenstein-Gesellschaft, der Museumsverband Rheinland-Pfalz sowie weitere Förderer gewonnen werden. So wird es künftig neben der Römervilla in Ahrweiler mit dem Schwerpunkt „Bürgerliche Wohnkultur“ und dem Römischen Museum in Remagen mit dem Schwerpunkt „Militär am Limes“ im Sinziger Museum einen Schwerpunkt zur Industriekultur der Römer geben.
Die offizielle Einweihung hatte es vier Tage vor dem Museumstag gegeben. Sinzigs Bürgermeister Andreas Geron und Museumsleiterin Agnes Menacher hatten die Mitglieder des Stadtrates sowie Personen aus dem ganzen Kreis Ahrweiler aus dem Bereich Museen, Kultur und Regionalgeschichte eingeladen. Wenige Tage davor hatten die Mitglieder des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum in Sinzig exklusiv Gelegenheit, als erste überhaupt die neue Ausstellung zu besuchen.
Für Bürgermeister Andreas Geron war die offizielle Eröffnung ein freudvoller Termin. Das Museum seie in historischer Schatz – nun schon seit 70 Jahren -, wo es immer wieder Neues zu erleben gebe. Das berichtete er, in Sinzig groß geworden, aus eigener Erfahrung. Als Kind hatte es ihm vor allem der frühgeschichtliche Mammutzahn angetan….Geron betonte, dass die neue Ausstellung zur Archäologie mit Schwerpunkt auf der Römerzeit den Bogen schlage zur Gegenwart mit der Sinziger Fliesenfertigung. Geron dankte Agnes Menacher und allen, die bei der Realisierung – die Arbeiten dauerten mehr als zwei Jahre – geholfen haben, für ihren großartigen Einsatz.
Auf Museumsleiterin Menacher kam auch der erste Kreisbeigeordnete Friedhelm Münch zu sprechen. „Seit 38 Jahren im Amt – Sie haben dem Haus ein Gepräge gegeben.“ Münch würdigte das Museum als ein ganz besonderes Highlight in der Museumslandschaft des Kreises Ahrweiler.
Hardy Rehmann, Vorsitzender des Fördervereins, zog eine Bilanz der Ausstellung auch in Zahlen: 36.000 Euro hat der Verein in Gestalt von Fördermitteln und Spenden zur Finanzierung der Ausstellung beigetragen, seit dem Jahr 2018 sind auf diese Weise über den Förderverein 86.000 Euro ins Museum geflossen. Rehmann dankte allen , die die Arbeit unterstützt haben, insbesondere den beiden Sammlern Friedhelm Brandau und Manfred Gappe. Ihr sich über viele Jahre hinziehendes Suchen und Sichern von Fundgegenständen im Einvernehmen mit der staatlichen Denkmalpflege hat die neue Ausstellung erst möglich gemacht. An Stadtverwaltung und Stadtrat appellierte Rehmann, das Schloss mit Museum und Park als touristisches Highlight immer weiter zu entwickeln. Ausdrücklich lobte er die mit Museum und Schloss befassten Mitarbeiter der Stadtverwaltung für ihr schnelles und unkompliziertes Zupacken.
Museumsleiterin Agnes Menacher ging auf den Wandel ein, den ein Museum durchmacht. Deshalb sei auch der Mammutzahn derzeit nicht ausgestellt, andere, nicht aus Sinzig stammende Exponate aus der 70jährigen Geschichte wurden im Laufe der Zeit an besser geeignete Orte abgegeben. Heute sei das HeimatMuseum Schloss Sinzig ein modernes Museum, ohne den Geist des Gebäudes zu schmälern. Sie freue sich besonders, dass nun die frühe Besiedlung Sinzigs gut dokumentiert sei und dankte vor allem den Leihgebern Brandau und Gappe und dem Archäologen Gabriel Heeren, der in unzähligen ehrenamtlichen Stunden die Ausstellung konzipiert und aufgebaut habe.
In launigen Worten berichtete Friedhelm Brandau von der Arbeit des Suchens und Findens, und wie er und Manfred Gappe unerwartet besonders wertvolle Funde in der Hand hielten. Diese Arbeit wurde zum Grundstock der Sammlung, die nun in Zusammenarbeit mit der Liebenstein-Gesellschaft der Landesarchäologie in Koblenz für das Sinziger Museum entstanden ist.
600.000 Jahre Besiedlungsgeschichte in Sinzig – nicht mehr und nicht weniger versprach Gabriel Heeren bei der Eröffnung dem Publikum für seinen Rundgang durch die Ausstellung.
Altsteinzeit, Jungsteinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit und die Zeit der Römer, so ist die Ausstellung geordnet. Für alle Epochen gibt es Hinweise und Funde mit lokalem Bezug, der Schwerpunkt liegt aber bei den Römern. Eine Ziegelei und später die Terra-Sigillata-Herstellung stehen im Mittelpunkt. Ein wichtiges Exponat ist die große Bilderschüssel, die als Fehlbrand seinerzeit im Abfall landete und deshalb erhalten blieb. Eine Matrize für einen Sinziger Töpferstempel gehört zu den ganz seltenen Sinziger Funden, ebenso eine kleine Herkulesfigur, die einen Eber am Fuß trägt. Der Herkules ist ein römischer Gott, der Eber hatte religiöse Bedeutung für die damalige Sinziger Bevölkerung, die Römer brachten beides unter einen Hut.
Im Didaktikraum glänzt das von Andreas Schmickler gebaute Modell eines römischen Brennofens, um so die Terra-Sigillata-Fertigung zu veranschaulichen. Mehrere neu entwickelte Spielanleitungen für Kinder liegen hier außerdem bereit.
Die archäologische Spurensuche in Sinzig haben die Initiatoren der Ausstellung auf den Weg gebracht. Die Besucher des Museums sind nun in die Lage versetzt, sich selbst auf die Spurensuche zu begeben.
Text und Fotos: Matthias Röcke
Das Museum wurde als Sinziger Heimatmuseum 1953 eingerichtet und hat seit 1956 seinen Standort im Schloss (erbaut 1855). Seit 1985 wird es von Agnes Menacher geleitet. Sie legte neue Schwerpunkte fest mit dem Aufbau einer Sammlung von Grafiken der Rheinromantik und einer Sammlung zum Maler Carl Christian Andreae, der in enger Beziehung zum Schloss stand. Außerdem widmet sich das Museum der Stadtgeschichte in vielen Facetten, unter anderem auch der Industriegeschichte (Dauerausstellung zur Sinziger Fliesenproduktion). Zahlreiche Sonderausstellungen prägten daneben das Angebot. Seit 2002 unterstützt der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig e.V. das Museum.
Das HeimatMuseum Schloss Sinzig (Barbarossastraße 35) ist im Sommerhalbjahr samstags, sonntags und an Feiertagen von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowie donnerstags von 10.00 bis 12.00 Uhr geöffnet, ab Oktober abweichend an den Wochenenden von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr.
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