Königsfeld. Das Dorf Königsfeld hat eine Stadtgeschichte! Das vor allem interessierte die Gruppe des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum Sinzig bei der Exkursion in den nah gelegenen Ort. Und das nicht zuletzt deshalb, weil Sinzig im kommenden Jahr sein 750jährigens Bestehen als Stadt feiert. Der Königsfelder Karlheinz Kurth, seit Jahrzehnten in Fragen der Regionalgeschichte engagiert, erwartetet die 34köpfige Gruppe am Gemeinschaftshaus, wo er einen ersten Überblick über die Geschichte gab. 1336 erhielt Königsfeld Stadtrechte, beurkundet von Kaiser Ludwig der Bayer, ein Ereignis, das Sinzig in seiner Geschichte fehlt. Königsfeld erhielt Marktrecht, baute eine Stadtmauer und wurde zum Mittelpunkt der Herrlichkeit Königsfeld. Allerdings stand es dabei unter der Herrschaft von Adelshäusern, für eine Zeit lang sogar von zweien. In den Jahren nach 1575 gab es zwischen dem Gebiet der Herren von Landskron und derer von Bassenheim einen Palisadenzaun mitten im Ort! Erst Napoleon beendete das Stadtrecht. Königsfeld war danach französische Mairie und dann preußische Gemeinde, heute gehört das 656 Einwohner große Dorf zur Verbandsgemeinde Brohltal.
Karlheinz Kurth ist mit allen Daten der Geschichte und mit allen Geschichten rund um Königsfeld bestens vertraut. Er führte die Sinziger Gruppe durch das Dorf, vorbei an bemerkenswerten Fachwerkhäusern, repräsentativen alten Häusern aus Stein und gefällig an das Ortsbild angepassten Um- und Neubauten. Zu vielen der Häuser hatte Kurth Informationen und Anekdoten parat und gab so auch einen Einblick in die Mentalität der Königsfelder Bevölkerung. Im Blickpunkt standen unter anderen der Backes, das Haus der letzten, bis 1938 in Königsfeld wohnhaften Juden (erbaut im 19. Jahrhundert), ein Fachwerkhaus von 1701 mit zweiteiliger Tür und die Schule aus dem 19. Jahrhundert. Von der Stadtmauer konnte die Gruppe im Laufe der Begehung noch ein Stück in Augenschein nehmen, die 1622 erbaute Wasserburg ist dagegen gänzlich abgetragen, mit ihren Steinen war die Schule errichtet worden. Zwei große Brände 1710 und 1872 hatten ältere Bausubstanz weitgehend vernichtet. Kurth berichtete auch von einem System von Weihern und Gräben vor der Stadtmauer, die im Falle von Bedrohung zum Überfluten genutzt werden konnten.
Ausführlich besichtigte die Gruppe die Kirche. Der Chor als ältester Teil der Kirche St. Nikolaus stammt aus dem Jahr 13. Jahrhundert, während der Turm zum Teil im 17. Jahrhundert erneuert wurde. Unter anderem sind in der früheren Sakristei mehrere sehr alte Madonnenfiguren zu bewundern, die älteste ist von 1250! In dem neueren, 1912 erbauten Teil fallen expressionistisch gestaltete Fenster aus den 1920er Jahren aus dem Rahmen des Üblichen. Ein besonders wichtiges Gebäude hatte sich Kurth für den Schluss aufgespart: Den Zehnthof aus dem 11. Jahrhundert, in den 1970er Jahren liebevoll restauriert von Stefanie und Egbert Luley. Die Hausherrin berichtete der Gruppe aus dieser Zeit und öffnete die Räumlichkeiten einschließlich der Zehntscheune und des aufwendig gestalteten Gartens an der alten Stadtmauer für die Besucher.
Nach so viel Historischem entspannte die Gruppe im Café. Vorsitzender Karl-Friedrich Amendt dankte Karlheinz Kurth für die spannende und facettenreiche Schilderung der hochinteressanten Königsfelder Geschichte. Zu seiner nächsten Veranstaltung lädt der Förderverein ins HeimatMuseum Schloss Sinzig ein: Am 22. Mai wird dort eine Ausstellung zu Grafiken der Rheinromantik eröffnet, drei Tage zuvor gibt es dazu eine „Turmgespräch im Schloss“.
Text: Matthias Röcke
Foto: Denkmalverein
© Förderverein – April 2016
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