Salute et intrate – seid gegrüßt und tretet ein, denn das römische Gastmahl ist bereitet! Dieser verheißungsvollen Aufforderung folgten Mitglieder und Freunde des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum in Sinzig in Tappes Hofgarten im Stadtteil Westum. Der Verein hatte im Rahmen seiner „Turmgespräche“ das Gastmahl „Vom Ei zum Apfel Römische Esskultur erfahren, erleben, erschmecken“ organisiert und konnte dabei überwiegend auf eigene Kräfte zurückgreifen. Denn die Idee dazu hatten Achim Habbel, Schatzmeister im Verein, und sein Partner Meik Stiegler. Habbel befasst sich intensiv mit der römischen Geschichte und hatte alles für den Abend zusammen getragen einschließlich Rezepten und Zutaten. Unterstützt wurden die beiden von Hausherrin Ines Hahnemann sowie von Katja Effelsberg und Marie-Christin Habbel.
So konnten die ambitionierten Hobbyköche in der Profiküche des Hauses schalten und walten, um die vier Gänge punktgenau auf die Tische in dem stimmungsvollen Gewölbe zu servieren. Das war schon deshalb wichtig, weil Achim Habbel vor den Gängen über die römische Esskultur referierte, anschaulich, humorvoll, detailreich und an Quellen orientiert. Aus den Quellen, so weit schriftlich, las Meik Stiegler passende Zitate römischer Schriftsteller vor. So hatten die Teilnehmenden ein doppeltes Erlebnis: Sie erfreuten sich an dem anspruchsvollen Menü und erfuhren, wie es zur der Zeit, als diese Rezepte aktuell waren, im römischen Reich bei Tische zugegangen ist. Das Menü entsprach dem antiken Vorbild, die Sitten bei Tisch blieben aber im heute verhaftet…
Das römische Reich hat 1200 Jahre in unterschiedlicher Größe existiert – da kann es kein allgemein typisches römisches Essen geben. Vielfältige Einflüsse aus eroberten Gebieten haben den Speiseplan immer wieder verändert. Habbel konzentrierte seinen Vortrag deshalb auf die Zeit des ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus. Wo hat man gegessen? In Pompeji, das 79 nach Christus im Lava versunken ist, wurden Imbissstuben entdeckt, den Schnellimbiss gab es also schon. Das feine Essen nach aufwendigen Rezepten dagegen spielte sich ausschließlich in den Gesellschaften der besser Gestellten ab. Die Vorspeise des Abends allerdings (Gekochte Eier mit Pinienkernen oder die Käse-Knoblauch-Kräuter-Creme (moretum) kannte auch das „einfache Volk“..
Ein römisches Gastmahl in Sinzig schwebt nicht einfach so im luftleeren Raum, vielmehr hat es konkrete Bezüge. Archäologe Gabriel Heeren, Vorstandsmitglied im Denkmalverein, und Kurator der neuen Dauerausstellung im HeimatMuseum Schloss Sinzig „Archäologische Spurensuche an Rhein und Ahr Steinbeil – Ziegel – Bilderschüssel“, erklärte, warum: Die in Sinzig produzierten hochwertigen Terra Sigillata-Schüsseln gingen in die ganze römische Welt – zur Anregung stand Imitationen auf den Tischen. Und das gereichte römische Brot sowie der Nussauflauf zum Nachtisch stammten aus einer Sinziger Bäckerei – Ralf und Elke Hippchen freuten sich über den Beifall.
Bei den römischen Gastmahlen der beschriebenen Epoche lag man zu Tisch, jedenfalls in den besser gestellten Kreisen. Dafür standen in dem Triclinium genannten Speisezimmer in der Regel drei u-förmig aufgestellten Liegen bereit. Und wie war es dabei mit den so oft zitierten Ausschweifungen, der römischen Dekadenz? Halb so wild, erklärte Achim Habbel, gegeben hat es das durchaus, daneben aber auch die seriösen Varianten mit Literatur und Musik. So blieb es auch in Sinzig seriös. Meik Stiegler bot Zitate römischer Dichter und Gast Denis Grabow, in der Tracht eines Eburonen erschienen, sang und spielte dazu auf einer keltischen Harfe, die es eigentlich erst viele Jahrhunderte nach den Römern gab, deren Klang aber den Gästen einen guten Eindruck von musikalischer Unterhaltung bei Gastmahlen vermitteln konnte.
Über das feine Essen haben römische Schriftsteller und Philosophen sich ausführlich ausgelassen, mal schwärmend und bewundernd, mal mahnend gegen Luxus und Völlerei. Seneca, Plinius, Plutarch, Cato, Vergil und Kochbuchautor Apicius fanden Gehör, und Lukullus. Er war weder Dichter noch Philosoph, sondern einfach nur Feinschmecker von höchsten Ansprüchen. Sein Name ist heute weit präsenter als die von Cato und Co.
Schweinegulasch mit Aprikosen bildete den Hauptgang beim römischen Gastmahl, alternativ Gemüseomelett (aliter patina). Römische Soldaten werden solche Leckereien nicht allzu oft gehabt haben. Habbel berichtete, dass sie sich auf ihren Stuben selbst das Essen zubereiteten, ganz ohne Kantine. Nur die Vorgesetzten pflegten das bequeme Speisen im Liegen. Was sie aber hatten, war die große Vielfalt an Speisen, die Soldaten aus so vielen Regionen des römischen Reiches mit an die Stubenküche brachten.
Zum Abschluss wurden der feine Nussauflauf sowie Trauben und Äpfel serviert – die faszinierende Zeitreise ins Römische war zu Ende. So viel Beifall, wie Achim Habbel und Meik Stiegler für das Kochen und die Unterhaltung bei Tisch bekamen, hat es vermutlich bei einem Gastmahl im alten Rom kaum einmal gegeben….
Text: Matthias Röcke
Fotos: Denkmalverein/Matthias Röcke
© November 2023 – Museum Sinzig
© Museum Sinzig 2024
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