Mythos und Marketing bis heute –

Ausstellung zu
Kaiser Barbarossa eröffnet

Sinzig. Eine spannende Frage beantwortet facettenreich und umfassend die neue Ausstellung im HeimatMuseum Schloss Sinzig „Barbarossa – Kaiser zwischen Mythos und Marketing“: Wer dieser Kaiser Barbarossa (1122 – 1190) war, wie er heute gesehen wird und was aus ihm gemacht wurde, das stellte Kurator Rudolf Menacher bei der Eröffnung am Internationalen Tag der Museen am 19. Mai dar.

Zwar ist in Sinzig nichts erhalten, was an die Zeit Barbarossas erinnern könnte. Und Sinzig wäre wohl niemals eine Barbarossastadt geworden, wenn nicht der Erbauer der Sinziger Schlosses, der Kölner Kaufmann Gustav Bunge, im 19. Jahrhundert dem Irrtum aufgesessen wäre, dass seine Villa auf den Grundmauern der Königspfalz Sinzig erbaut worden sei, in der einst auch Barbarossa zu Gast war. Eine Konsequenz aus dieser Sichtweise ist die Barbarossastatue, die heute in Grünanlagen an der Barbarossastraße steht.

Die vier Aufenthalte Barbarossas in Sinzig waren damals bereits bekannt. Aber die Pfalz hatte nicht hier (dem heutigen Museumsstandort) gestanden, was um 1850 ebenfalls schon bekannt war. Dabei war Bunge, wie Menacher weiter ausführte, nicht der einzige, der sich darin irrte. Der Irrtum lässt sich von 1816 über die 1950er Jahre bis heute nachverfolgen.

Denn Sinzig wurde eine von zahlreichen so bezeichneten Barbarossastädten – allerdings erst 1935. Da fand erstmalig ein Barbarossa-Freilichtspiel im Schlosspark statt. In den Jahren danach wurde Sinzig durch das städtische Verkehrsamt regelrecht als Barbarossastadt vermarktet, als man nämlich das Kurbad Sinzig installieren wollte. Der Zweite Weltkrieg setzte dem ein Ende. Solche Freilichttheater gab es später wieder bis 1959. Sinzig war erneut Barbarossastadt.

Menacher schlug dann den Bogen zur gesellschaftlichen Situation im Deutschland des 19. Jahrhunderts. Dass man sich nämlich in Sinzig und anderswo so sehr gerade für Barbarossa begeisterte, lag an der Sehnsucht nach einem deutschen Nationalstaat. Mit dem Kaiser, der der Sage nach verborgen im Kyffhäuser auf die Erneuerung des Reiches wartete, verbanden sich die Hoffnungen der Deutschen. Die Sage wurde durch die Brüder Grimm in den Deutschen Sagen veröffentlicht und durch das Gedicht von Friedrich Rückert in der gesamten Bevölkerung bekannt – der Mythos lebte.

Denn auch mit der Reichsgründung 1871 ebbte der Barbarossakult nicht ab, eine Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten konnte ihn anschließend ebenfalls nicht stoppen. Heute wirkt er sich mehr auf dem Feld der Vermarktung aus. Die Ausstellung zeigt eine Fülle von Beispielen – Biermarken, Porzellan, Werbematerial, Namensgebungen für Apotheken bis zu einem (Sinziger) Sonnenstudio – viele davon aus dem Museumsbestand, einige auch eigens für die Ausstellung erworben.

 

Allerdings gibt es im rechten politischen Spektrum immer noch eine Einvernahme der Figur Barbarossas. Und wer war nun eigentlich dieser Kaiser Barbarossa beziehungsweise Friedrich I.? Rudolf Menacher präsentierte den aktuellen Stand der Forschung: Der Kaiser, der viele Kriege geführt hat, erscheint nicht mehr als der Größte seiner Zunft im Mittelalter, heldenhaft mit den Mächten der Zeit ringend. Seiner Politik war kein nachhaltiger Erfolg beschieden, seine Nachfolger hatten mit denselben Problemen zu kämpfen wie er.

Wertungen will die Ausstellungen aber nicht geben – Menacher forderte am Schluss seiner mit großem Interesse aufgenommen Schilderung dazu auf, sich in der Ausstellung selbst Bild des mystifizierten Kaisers zu machen.

 

Zu Beginn der sehr gut besuchten Eröffnung hatte Bürgermeister Andreas Geron schon eine kurze Einstimmung gegen. Sein Fazit: Die reale Geschichte ist so spannend, dass jede Fantasiegeschichte dagegen verblasst. Geron dankte Kurator Rudolf Menacher, Museumsleiterin Agnes Menacher und dem Förderverein Denkmalpflege und Heimatmuseum für all den Einsatz – einen Dank, den Agnes Menacher vor allem im Blick auf ihren Ehemann Rodolf noch einmal bekräftigte. Parallel zur Ausstellungseröffnung hatte der Förderverein wieder ins beliebte Museumscafé eingeladen bei Kaffee und gestiftetem Kuchen.

Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Sinziger Museums zu besichtigen (Samstag und Sonntag 14.00 bis 17.00, Donnerstag 10.00 bis 12.00, Gruppen nach Vereinbarung, www.museum-sinzig.de).

 

Text und Fotos: Matthias Röcke

©Mai 2019

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