Ahrmündung: Künstliche
Mäandergaben die Richtung vor

Landschaftökogin Dr. Ulla Stüßer referierte
beim Denkmalverein über die Ahr im Wandel der Zeit

Sinzig. Es war ein kulturhistorisches Thema, zu dem der Förderverein Denkmalpflege und Heimatmuseum im Rahmen seiner „Turmgespräche im Schloss“ eingeladen hatte. Es ging diesmal nicht um Stadtgeschichte, Denkmalpflege oder Museumsaktivitäten, sondern um die Natur. Über „Die Ahr im Wandel der Zeit“ referierte die Landschaftsökologin und selbständige Planerin Dr. Ulla Stüßer aus Sinzig und hatte dabei gezielt die untere Ahr im Sinziger Bereich im Blick

Die Geschichte der Ahr – ein Gewässer II. Ordnung, das in die Zuständigkeit von Landkreis und Land fällt – ist in der jüngeren Zeit eine Geschichte der Veränderungen. Bis 1832 war der Fluss naturbelassen, ab dann wurde er reguliert mit dem Ziel der Landgewinnung zur besseren Ernährung der Bevölkerung und des Eindämmens von Erkrankungen als Folge der Feuchtgebiete. So entstand im Abschnitt ab Walporzheim ein Fluss mit engem Bett bei nur leichten Biegungen. Hohe Fließgeschwindigkeiten führten zur Reduzierung der Artenvielfalt und steigerten Hochwassereffekte. Die Ahr hatte ihre Gewässerstruktur verändert, wie Dr. Stüßer an Hand einer Karte illustrierte. Nur im Abschnitt des Langfigtals bei Altenahr zeigt der Fluss heute den Status „unverändert“ (beste Stufe), unterhalb erscheint „stark verändert“, im Mündungsbereich dann „deutlich“ oder „mäßig verändert“, der vierten und dritten von sieben Stufen.

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Die Entwicklung der Ahr, vor allem in Raum Sinzig, schilderte Landschaftsökologin Dr. Ulla Stüßer beim Denkmalverein.

Versuche, die Folgen der Begradigung zu minimieren, sind in Sinzig in Höhe der Brücke an der Kölner Straße zu sehen. Dort wurden einst als Bremse Soleschwellen in das Bett implantiert. Weil die aber Wanderfische behinderten, wurden aus den Soleschwellen Solegleiten. Viel mehr und vor allem Nachhaltiges folgte dann ab 1981 im Mündungsbereich. Ausgelöst von Bedenken der Bundeswasserstraßenverwaltung wegen der starken Kiesablagerung der Ahr am Rheinufer startete eine Umgestaltung des ganzen Mündungsbereiches, von der Referentin seinerzeit intensiv begleitet. Heute spricht man von der handgemachten Auenlandschaft. Der Fluss hat durch die Baumaßnahmen Mäander vorgegeben bekommen, verstärkt durch Kieseinlagerungen, als eine Art Anschub, sich selbst den Weg zum Rhein zu suchen. So entstand eine neue Flusslandschaft, langsame Fließgeschwindigkeiten und vielgestaltige Uferflächen erlauben eine wachsende Artenvielfalt, die neu entstandene Rückzugsfläche mindert die Hochwassergefahr.

Das nützt dem Menschen generell, und er profitiert auch direkt von der Auenlandschaft, was durchaus seine Probleme hat. Dr. Stüßer war es ein Anliegen, Gefährdungen durch vom Menschen verursachte Unruhe zu benennen und abzuwägen gegen Erholungswert und sinnvolle Freizeitbeschäftigung – zum Beispiel auch mit Blick auf den Radweg, der die Ahr kurz vor der Mündung kreuzt. Die sehr anregend und engagiert vorgetragenen Ausführungen von Dr. Stüßer ließen schon bald einen lebhaften Dialog mit der sehr interessierten und in großer Zahl vertretenen Zuhörerschaft entstehen. Auch eine schöne Idee von ihr fand Zustimmung: Warum nicht im Umfeld der Mündung Wasserbüffel heimisch machen?

Vorsitzender Karl-Friedrich Amendt dankte der Referentin unter großem Beifall des Publikums für den höchst informativen Abend mit kulturhistorischem Hintergrund. Das nächste „Turmgespräch im Schloss“ ist am Donnerstag, 16. November um 19.00 im Schloss Sinzig. Dann wird Museumsleiterin Agnes Menacher zum Thema Die Familie Niederée und das Heimatmuseum Sinzig“ sprechen.

Text und Foto: Denkmalverein

© Heimatmuseum Schloss Sinzig – Dezember 2017

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