2. Weltkrieg
24. April 1933: Die Nationalsozialisten übernehmen in Sinzig die Macht
Weder bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 noch bei den Kommunalwahlen am 12. März 1933 hatte die NSDAP in Sinzig sonderlich erfolgreich abgeschnitten. Von 15 Stadträten gehörten nur drei der NSDAP an. Im stark katholisch geprägten Sinzig erreichte die NSDAP lediglich 26,2 Prozent, in den Ortsteilen war die Zustimmung noch geringer.
Allerdings gelang es ihnen in kurzer Zeit, die übrigen Ratsmitglieder gegen den amtierenden Bürgermeister Dr. Ernst Schaefer aufzuwiegeln.
Quelle: Sinzig und seine Stadtteile, Kleinpass S. 166ff
Ein am 24. April 1933 gegen ihn eingebrachtes Misstrauensvotum, das auf haltlosen Vorwürfen beruhte, wurde mit 12 zu 2 Stimmen angenommen. Die Bezirksregierung Koblenz setzte als kommissarischen Bürgermeister das NSDAP-Mitglied Heinrich Junior ein. Dieser wurde allerdings drei Jahre später wegen Unterschlagung, Untreue und Betrug seines Amtes enthoben.
In der gleichen Sitzung ernannte der Stadtrat Adolf Hitler und Paul von Hindenburg zu Ehrenbürgern.
Plätze und Straßen wurden nach Vorschlägen der Nationalsozialisten umbenannt:
⦁ der Kirchplatz in Adolf-Hitler-Platz
⦁ die Schloss-Straße in Hermann-Göring-Straße
⦁ die Rheinstraße in Horst-Wessel-Straße
⦁ die Judengasse in Schlageter-Straße
Das Bild des ehemaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert wurde im Sitzungssaal von der Wand gerissen, zerschmettert und später auf dem Marktplatz öffentlich verbrannt.
Bereits unter Bürgermeister Junior verlor der Sinziger Stadtrat jede Entscheidungskompetenz. Bereits 1934 gab es in Sinzig eine Ortsgruppe des Reichsluftschutzbundes. 1935 fanden erste Luftschutzübungen statt. Sinzig wurde in 12 Luftschutzblocks eingeteilt. Für jeden Block gab es einen Blockwart.
Schon 1933 gab es im Kreis Ahrweiler zahlreiche NS-Verbände und -Gruppierungen, z. B. die Hitlerjugend und den Bund Deutscher Mädchen. Die katholischen Gruppierungen und Vereine waren zunächst noch erlaubt, durften aber nicht mehr öffentlich auftreten. 1937 kam jedoch das Aus. Nicht nur der katholische Jungmännerbund, sondern auch katholische Schützenvereine wurden verboten.
Nichtkirchliche Jugendgruppen waren bereits 1933 aufgelöst worden.
Ende 1939 waren in Sinzig ohne Bodendorf von 6003 Einwohnern 326 NSDAP-Mitglieder. Diese Zahl stieg bis zum Kriegsende auf 893.
Die Sinziger Juden
1932 gab es in Sinzig noch 45 Bürger jüdischen Glaubens. Einigen jüdischen Familien gelang die Emigration nach England, in die Vereinigten Staaten, nach Südafrika, Südamerika oder die Flucht nach Südfrankreich. Am 10. November 1938 wird durch SA-Leute das Mobiliar der Sinziger Synagoge verbrannt und der Raum in der Martelsburg verwüstet.
Vier Wohnungen jüdischer Familien und ein Geschäftshaus werden in der gleichen Nacht schwer beschädigt. 1942 wurde die noch in Sinzig lebenden Juden in die Vernichtungslager deportiert. 23 der ursprünglich 45 Sinziger Juden sind ermordet worden.
Quelle: Rudolf Menacher, Knoblauch und Weihrauch
26. Dezember 1944: 72 Menschen sterben bei einem Bomberangriff
Die Eisenbahnbrücke über die Ahr bei Sinzig war ein Teil der kriegswichtigen Rheintalbahn und daher ein wichtiges Ziel amerikanischer Bomber. Zwischen Oktober 1944 und März 1945 bombardierten alliierte Verbände vierzehnmal die Brücke und das Gleisdreieck zwischen Sinzig und Remagen. Dabei fielen auch Bomben auf Sinzig und Westum. Die meisten Todesopfer forderte ein Angriff am 2. Weihnachtstag 1944. Dabei verloren um die Mittagszeit 72 Menschen in Sinzig ihr Leben, darunter 24 Sinziger, 8 Zivilpersonen und 40 Arbeiter der Organisation Todt. Insgesamt gab im Kriegsverlauf 32 zivile Luftkriegsopfer unter den Sinzigern (Stadt).
Quelle: Heinz Schmalz, Der 2. Weltkrieg
7. März 1945: Amerikanische Truppen besetzen Sinzig
Am Morgen des 7. März 1945 erreichten amerikanische Panzer von Bodendorf aus Sinzig. Bis zum Nachmittag hatten die Amerikaner die gesamte Stadt eingenommen. Auf einer Weide am Assessorenweg errichteten die Amerikaner ein provisorisches Gefangenenlager für versprengte deutsche Soldaten. Am Nachmittag konnte eine Einheit der 9. US-Panzerdivision die Ludendorff-Brücke von Remagen einnehmen.
Insgesamt gab es in Sinzig und den Stadtteilen 370 tote Soldaten und Zivilisten. Dazu kamen die Toten des Rheinwiesenlagers, Evakuierte, Zwangsarbeiter und Soldaten, die bei Bombenangriffen und den Kämpfen am Kriegsende in Sinzig und den Ortsteilen getötet worden sind.
Quelle: Heinz Schmalz, Der 2. Weltkrieg
Ende April 1945: Amerikanische Truppen legen das Rheinwiesenlager Sinzig an
Gegen Ende des zweiten Weltkrieges legten die amerikanischen Truppen längs des Rheins Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten an. Eines der größten Lager lag in der Goldenen Meile zwischen Sinzig und Niederbreisig, ein weiteres befand sich zwischen Remagen und Kripp. Von April bis zum 20. Juli 1945 wurden etwa 1,5 Millionen deutsche Kriegsgefangene durch diese Lager geschleust.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges legten die amerikanischen Truppen längs des Rheins Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten an. Bei der Eroberung des Rheinlandes gerieten 250.000 deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft, nach der Zerschlagung des Ruhrkessels kamen weitere 325.000 hinzu. Die Amerikaner – selbst von Versorgungsengpässen betroffen – sahen sich in der Verpflichtung, neben den zwei Millionen eigenen Soldaten die deutschen Kriegsgefangenen zu versorgen. Die Rheinwiesenlager sollten als Durchgangslager für die provisorische Unterbringung der Gefangenen dienen. Die Lager A2 (Remagen) und A5 (Sinzig) wurden Mitte bis Ende April 1945 in der Goldenen Meile eingerichtet. Im Lager A5 befanden sich am 12. Mai bereits 160.000 deutsche Kriegsgefangene. Da es keine Unterkünfte gab, hausten sie teilweise in selbst gegrabenen Erdhöhlen, nur unzureichend vor dem kalten Regen geschützt.
Am 11. Juli 1945 wurden die Lager von der französischen Besatzungsmacht übernommen. Zu dieser Zeit war das Lager Remagen bereits leer, im Lager Sinzig lebten noch ca. 45.000 Gefangene. Die noch im Lager Verbliebenen wurden in andere Lager oder nach Frankreich überführt und zum Teil erst ein bis zwei Jahre später entlassen. Am 20. Juli wurde das Lager A5 geschlossen. In den Lagern Sinzig und Remagen starben 1247 Insassen an der Ruhr, an Verletzungen, Unterernährung und Erschöpfung. Darüber hinaus wurden einige Gefangene beim Fluchtversuch erschossen. Die Todesrate betrug weniger als ein Prozent. Viele Lagerinsassen kamen jedoch traumatisiert aus der Gefangenschaft zurück.
10. Juli 1945: Die französischen Truppen besetzen Sinzig
Am 10. Juli 1945 lösten französische Truppen die US-Armee als Besatzungsmacht ab. Bis zur Gründung der Tri-Zone im März 1948, in der die drei Besatzungszonen der Westmächte, Frankreich, England und USA, zusammengelegt wurden, gab es nun eine Grenze bei Rolandseck. Dort überprüften deutsche Zöllner den Durchgangsverkehr von und nach Bonn im Auftrag der Besatzungsmächte. Mit Genehmigung der französischen Besatzungsmacht wurde Franz Zimmer am 21. September 1945 zum Bürgermeister ernannt. Erste Kommunalwahlen fanden dann ein Jahr später am 15. September 1946 statt. Die Jahre 1945 und 1946 waren durch einen allgemeinen Mangel an Versorgungsgütern geprägt. Viele Güter waren nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Das Maggeln, das heimliche Tauschen oder Geschäfte machen, begleitete auch die Sinziger Bürger bis zur Währungsreform am 20. Juni 1948.